

Fehlt das Nachhaltigkeitsdenken im Fußball?
SPIELANLAGE | Die Kolumne von Coach David Goigitzer
Mike Büskens und Andreas Müller wurden mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Ende November. Es galt für den SK Rapid nun, kurzfristig einen neuen Nachfolger zu finden. Zum Glück wurde man recht schnell mit Damir Canadi fündig. Hätte dieser jedoch abgesagt, hätte man einen Interimstrainer einstellen und durchaus länger nach einem Nachfolger suchen müssen. Dies zeigt ein großes im Problem im Fußball auf: fehlende Weitsichtigkeit.
Impulsive Personalentscheidungen
Zwar waren die Ergebnisse und auch die Leistungen unter Büskens schon längere Zeit nicht mehr zufriedenstellend, dennoch entließ man den Deutschen relativ abrupt. Da Andreas Müller wohl viel mit der Entscheidung Büskens überhaupt einzustellen zu tun hatte, nahm man ihn gleich mit. Impulsivität vom Vorstand, der für das Wohl des Vereins sorgen und sein Gehirn sein soll, eher nicht von Vorteil. Man hätte durchaus bis zur Winterpause mit der Entlassung warten können, sich bis dahin mit geeigneten Kandidaten zusammensetzen und bis dahin eine Entscheidung treffen. Dies würde zumindest versichern, dass man sich genaue Gedanken über zwei der wichtigsten Positionen in einem Profifußballverein gemacht hat.
Interimspositionen sind so eine Sache
Oft genug wurden Interimstrainer aufgrund der guten Ergebnisse sogar zum Chefcoach, André Schubert bei Mönchengladbach ist so ein Beispiel. Das Problem beim Interimscoach ist dass seine Methoden sich zum Vorgänger UND auch zum Nachfolger extrem unterscheiden können. Fußball ist ein psychologisches Spiel, es geht um Taktik, Technik in der taktischen Anwendung, Strategie und Entscheidungsfindung. All dies spielt sich im Kopf ab, und der Mensch ist ein sehr komplexes Wesen. Diesen Mensch innerhalb von kürzester Zeit mit drei verschiedenen Trainingsmethoden, Zielen und Reizen zu überfordern ist alles andere als zielführend und könnte die Leistung der Mannschaft sogar verschlechtern.
Beim Sportdirektor eine Interimslösung zu finden wird ebenfalls sehr eigenartig sein, da der Sportdirektor wichtige Entscheidungen, wie zum Beispiel Transfers, treffen muss. Hier jemanden einzustellen, dessen Zukunft im Verein ungewiss ist, ist ebenfalls nicht von Vorteil.
Die Lösung: Nachhaltigkeitsdenken
Als Voraussetzung für die Lösung ist natürlich Fußballverstand in der oberen Etage gefragt. Dies ist jedoch leider oft schwer zu finden, da Hauptsponsoren und ähnliche einflussreiche Personen diesen Vorstand oft stellen, passiert es allzu oft dass der Fußballverstand hinterher hinkt. Hat man dies jedoch erreicht und der Vorstand versteht etwas vom Fußball, dann gilt es dem Verein einen bestimmten Weg mitzugeben. Eine „Philosphie“ wenn man so möchte, wenngleich dieser Terminus viel zu oft verwendet wird und auch zu restriktiv wirken könnte. Wichtig ist hierbei dass alle am gleichen Strang ziehen und eine sehr ähnliche Vorstellung davon haben, was verantwortliche Personen an charakterlichen Zügen mitbringen sollen und welcher Fußball gespielt werden soll. Dies sollte sich mit dem Fußball der Jugendmannschaften decken.
Hat man einen Trainer und einen Sportdirektor gefunden, dann sollte man wenn möglich sogar MIT ihnen gleich potentielle Nachfolger interviewen oder zumindest suchen. Nachfolger, die eine ähnliche Denkweise haben, die das Werk ihrer Vorgänger nur weiterführen und verbessern und nicht wieder komplett umkrempeln würden. Denn stetiger Neuanfang kostet Zeit, Geld und Energie, ist für kein Unternehmen dieser Welt klug. So kann kann man einen kohärenten Vereinsweg versichern. Zudem hat man, sofern man schnell reagieren möchte/muss, stets mehrere passende Nachfolgekandidaten bei Hand und muss nicht ewig suchen, unnötige Gespräche führen und vielleicht am Ende mit einem Kompromiss- Trainer, den man so eigentlich gar nicht wollte, da stehen.
Fazit
Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Muss es aber nur bedingt sein. Kluge Planung, offener Umgang miteinander und Fußballverstand sind eine Paarung, die Erfolg (= weniger konkrete Platzierungen, als Ausschöpfen des Potentials) nähren und planbar machen können. Der FC Bayern zeigte in den letzten Jahren eine kluge Denkweise, als sie unter Sportdirektoren wie Nerlinger, Sammer und Michael Reschke sukzessive eine Weiterentwicklung in Sachen Trainer hatten. Nach dem altgesottenen Ottmar Hitzfeld kam Innovator Jürgen Klinsmann, der das Gegenpressing bei den Bayern schön langsam hinein brachte. Nach ihm kam der Fußballlehrere Louis van Gaal, der der Mannschaft die Prinzipien des Positionsspiel lehrte. Jupp Heynckes vereinte dies mit einem direkten, athletischen Fußball, ehe Pep Guardiola all dies nochmal sammelte und den Fußball auf eine neue Ebene setzte, den nun Ancelotti mit seinem lockeren Führungsstil erhalten soll. Das perfekte Beispiel von Nachhaltigkeit und kohärentem Agieren und Denken im Verein.
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