Positionsfindung im Fußball
SPIELANLAGE | Die Kolumne von Coach David Goigitzer
Die “richtige” Position für einen Spieler zu finden gehört meiner Meinung nach zu den schwierigsten Aufgaben, die es im Fußball gibt. Vor allem auch, weil das Wort Position für mich als solches nicht mehr dem Idealwort entspricht. Mittlerweile spricht man in der Taktiktheorie eher von Rollen als von Positionen. Jeder Spieler ist anders und hat seinen eigenen Spielstil, bestimmte Eigenschaften die er besitzt. Sei es charakterlicher, physischer oder technisch- taktischer Natur.
Für mich ist Fußball auch deshalb so faszinierend, weil er in der Basis sehr viel Kreativität zulässt, als im Gegensatz zum Beispiel American Football. Ich habe letztens mit einigen Freunden, übrigens Hobbyfußballer ohne jegliche fußballerische Ausbildung, besprochen. Interessant war dann auch die Bestätigung für mich, wie sehr der Charakter des Spielers sich auf den Spielstil und dann eben auf die Rolle am Platz widerspiegelt. Zwei dieser Freunde sind Zwillinge, sind sich aber in ihrem Bewegungsspiel und in ihrer Art Fußball zu spielen alles andere als ähnlich. Um die Position und die Rolle für Spieler zu finden, gilt es also vor allem die eigenen Spieler gut zu kennen.
Fußballspezifisch
Ein fußballspezifisches Eigenschaftenprofil sehe ich als sehr guten und wichtigen Beginn darin die Spieler kennen zu lernen. Dabei verwende ich selbst weniger eine Vorlage, in der ich zum Beispiel Passspiel, Schnelligkeit, Stellungsspiel mit bestimmten Noten bewerten würde. Diese stehen nämlich sowieso immer im Kontext mit den Mit- und Gegenspielern. Es geht mir dabei auch nicht nur unbedingt um Stärken und Schwächen. Sondern auch: was macht ein Spieler oft/nicht so oft oder gern/ ungern. Um als Beispiel zu nehmen: Arnautovic geht gern ins Dribbling, Prödl eher nicht. Dieses Spielerprofil muss man nicht unbedingt mit einem Spieler besprechen, es ist eher wie ein “Schummler” für den Trainer selbst. Taktische Anpassungen werden deutlich effektiver, wenn man die Spieler genau kennt und weiß, was sie gut und was sie weniger gut können. Und manchmal offenbaren sich bei der genauen Beobachtung der eigenen Spieler ganz neue Aspekte, die man oberflächlich vielleicht noch gar nicht so gesehen hat. Dann ist der dynamische Außenverteidiger vielleicht doch viel besser im zentralen Mittelfeld aufgehoben, weil seine Passquote alle übertrifft, er sich automatisch Richtung Mitte orientiert im Aufbauspiel und eine besonders gute Übersicht zeigt. Oder man stellt ihm eine neue Rolle zu, fördert das Aufbauspiel über rechts und hat einen neuen taktischen Aspekt für die Mannschaft gefunden. Das Erstellen eines Spielerprofils verbessert auch den Trainer, indem es die Beobachtungsgabe und das Spielverständnis schärft.
Charakter
Die Psychologie hat bereits viele Theorien zu den psychischen Grundbedürfnissen und Trieben des Menschen erforscht. Für meine Spielerbewertung habe ich mir das, was ich als passend finde, aus mehreren Theorien herausgepickt. Grundtriebe beziehungsweise Grundbedürfnisse sind für den Menschen zum Beispiel Neugier, Selbstwerterhöhung und Geborgenheit. Bei jedem Menschen sind diese Bedürfnisse (und einige mehr) natürlich unterschiedlich ausgeprägt. Spieler, bei denen die Neugier ein markantes Grundbedürfnis ist, tendieren dazu kreativ zu sein. Sie versuchen Dinge, probieren etwas Neues aus, eben weil sie neugierig sind. Das sind Spielertypen wie Özil, die immer wieder ungewöhnliche Situationen schaffen können. Das heißt solche Spieler sind gut in Rollen aufgehoben, wo sie diesen kreativen Geist auch ausleben können. Dies kann sehr oft weiter vorne im Spielfeld sein, muss aber nicht. Ermutigt man diese Eigenschaften auch, sind die Neugierigen deutlich motivierter und fühlen eine besondere Beziehung zum Trainer. Da kommt es dann wieder auf die fußballspezifischen Eigenschaften und die Mitspieler an. Spieler, denen die Selbstwerterhöhung sehr wichtig ist, sind ehrgeizig und “aggressiv” in ihrer Art und Weise das Spiel zu spielen. Weniger im körperlichen Sinne, als dass sie sehr bestimmt und zielorientiert sind in ihren Aktionen. Ohne viel Charme in ihrem Spiel, sehr direkt und durchschlagskräftig. Sie sind auch oft die Leader im Team, diese Typen kann man sehr gut an ihrem Ehrgeiz packen und auch mit materiellen Zielen oder mit Erfolg und Ruhm motivieren. Julian Baumgartlinger fällt mir da als Beispiel ein, ohne ihn natürlich persönlich zu kennen. Sehr schnörkellos in seinem Spiel, sehr selbstbewusst in seinen Aktionen. Zentrale, einflussreiche Rollen scheinen gut zu solchen Spielern zu passen. Anderen, denen Geborgenheit wichtig ist, sind die Zuarbeiter. Sie lieben eine gute Atmosphäre im Team, für sie sind Regeln und Zusammenhalt von großer Bedeutung. Sie arbeiten hart für die Mitspieler, das Rampenlicht ist ihnen nicht wichtig. Veli Kavlak und Christian Fuchs sind für mich solche Beispiele in meiner Einschätzung aus der Ferne, ebenfalls natürlich ohne die beiden persönlich zu kennen. Positionen und Rollen, wo eine hohe Arbeitsrate abgespult werden kann, bieten sich für diese Typen an.
Spielstil
Der Spielstil ist die Zusammenkunft aus beiden vorherigen Punkten. Der Spielstil ist bei JEDEM Spieler anders, somit gilt es auch jeden Spieler anders zu behandeln und etwas anders einzubinden. Spielstile entwickeln sich von selbst, man muss (oder kann?) sie nicht ausbilden oder antrainieren. Für mich ist der Spielstil eine faszinierende Thematik im Fußball, da selbst Hobbyfußballer, die noch nie in einem Verein gespielt haben, ihren eigenen Spielstil haben. Umso komplexer geht es dann in den Profibereich hinein. Es ist essentiell zu erkennen, was für einen Spielstil welcher Spieler hat, und mit wem er sich gut ergänzt. So entstehen Partnerschaften auf dem Feld, und die Fähigkeit des Teams ist dann nicht “addiert” durch die Spieler, sondern “multipliziert” durch diese Synergien.
So könnte ein kurzes Spielerprofil aussehen.
Fazit
Die “richtige” Position zu finden ist also extrem schwer und sehr komplex. Als erster Schritt ist wie gesagt meiner Meinung nach immer ein Spielerprofil notwendig. Während der Bearbeitung des Spielerprofils können auch Einzelgespräche sehr hilfreich sein. Ein simples “Wie gehts?” oder “Wie war das Spiel für DICH?” kann schon viel aus einem Menschen herausholen und den Charakter widerspiegeln. Wichtig zu bedenken ist am Ende immer: Es muss nicht die Rolle und Position sein wo der Spieler immer “am besten” spielt, sondern wie er am besten in die Mannschaft passt, wo er sich selbst auch wohl fühlt und wo er passende Partner hat, mit denen er sich ergänzen kann.
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