Wie analysiert man ein Fussballspiel?
SPIELANLAGE | Die Kolumne von Coach David Goigitzer
Die taktische Analyse übernimmt immer mehr Bedeutung im Fußball. Selbst Amateurvereine filmen ihre Spiele mit und versuchen sie im Nachhinein zu analysieren. Jedoch ist eine taktische Analyse durchaus etwas, das zu Beginn überwältigend wirken kann. Deswegen ein paar Tipps, um ein Fussballbspiel etwas strukturierter analysieren zu können.
1. Der Blick muss weg vom Ball
Das klingt natürlich zuerst mal kontraintuitiv, da der Ball ja das Spielgerät ist und auf diesen fokussiert sich das Spiel prinzipiell. Durch seine hohe Dynamik verpasst man dadurch jedoch alles andere, was sich am Spielfeld noch so tut und Einfluss hat darauf, was mit dem Ball passiert. Dennoch wird man dies nicht verpassen, da man natürlich nicht zum Beispiel auf die andere Spielfeldhälfte blicken sollte. Zum Beispiel kann man auf die ballferne Seite blicken, oder auch einfach nur um das unmittelbare Drumherum des Balles, so nimmt man trotzdem stets alle Ballaktionen wahr, ohne wichtige taktische Ereignisse zu verpassen.
2. Notizen machen
Das erscheint natürlich logisch, dennoch ist es aufgrund der Wichtigkeit extra zu erwähnen. Aufschreiben hilft nicht nur beim Merken, sondern auch beim Reflektieren der eigenen Analyse. Man kann und soll sich selbst stets hinterfragen, mithilfe der Notizen kann man sich bei Sachen, wo man sich nicht sicher ist, vielleicht auch mit anderen Leuten beraten. Spieler die am Feld standen oder Co- Trainer oder vielleicht sogar Zuschauer können um ihre Meinung gefragt werden, manchmal bekommt man interessanten Input zurück.
3. Beachten der fünf Spielphasen
Zwar ist der Autor dieses Textes von der Überzeugung, dass der Fußball ein großes Ganzes ist und somit die eine Phase nie wirklich von der anderen zu trennen ist, jedoch kann man durch die Kategorisierung der Spielphasen und das explizite Beobachten des Verhalten in jener ein Spiel effektiv analysieren. Diese Spielphasen und einige zentrale Fragen dazu sind:
- organisierter Angriff = welche Formation im Aufbau?; Spiel über Zentrum oder Außen?; Welche Spieler werden am meisten gesucht?; Starres Positionsspiel oder Positionswechsel (wenn ja wo)?; Welche Art der Chancenerarbeitung? (Flanken, Konter, Kontinuierliches Ballbesitzspiel);
- Umschaltphase nach Ballverlust = Rückzug oder Gegenpressing?; Wer presst gegen, individuell oder kollektiv? Mannorientiert oder passwegorientiert oder Mischform?
- organisierte Abwehr = Ab wann wird attackiert? (Angriffs-, Mittelfeld- oder Abwehrpressing); Mann im Raum- Deckung, Manndeckung oder Raumdeckung oder optionsorientiert?; Bei Mannorientierung: Wie weit wie der Gegenspieler verfolgt?; Wird dynamisch aus der Formation herausgerückt, um den Ballführenden zu attackieren?; Wird der Gegner nach außen, nach innen oder je nach Möglichkeit geleitet?
- Umschaltphase nach Ballgewinn = Werden sofort Konter gesucht? Wenn ja, über wen/über Mitte oder Flügel/hoch oder flach/immer oder je nach Gelegenheit?; Wird der Ballbesitz gesichert? Über wen (Torwart, Sechser, nächstgelegener Mitspieler) ?
Jede Mannschaft hat bestimmte Verhaltensmuster während dieser Phasen, die sie konstant ausführen. Selbst wenn eine Amateurmannschaft keinerlei taktische Arbeit im Training oder in der Matchvorbereitung tätigt, so ergeben sich trotzdem gewissen Schemata. Jeder Spieler hat seinen eigenen Stil und seine Gewohnheiten, das Training formt diese mit. Deswegen sind diese Schemata auch im untersten Amateurfußball zu erkennen.
4. Eigenheiten der Spieler
Wenn man das gesamte Spiel betrachtet, so gehen individuelle Spieler und ihre Eigenschaften oft verloren. Dennoch ist es wichtig höchst konzentriert zu bleiben und nicht nur auf gruppen- und mannschaftstaktische Dinge zu achten, sondern auch auf individualtaktische. So können Schwachpunkte oder besonders starke Spieler in Mannschaften identifiziert und charakterisiert werden, was sich auf den eigenen Matchplan auswirken kann.
Dies war nur ein kleiner Einsteigerguide in die taktische Analyse des Fußballs. Für deutlich detaillierteres kann man sich diesen Artikel auf Spielverlagerung.de ansehen. Aller Anfang ist schwer, Übung ist jedoch sehr wichtig und Fortschritte können schnell erkennbar sein, wenn man sich genug ins Zeug legt und die kognitiven Voraussetzungen dafür besitzt.
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